Die Rückseite der Pracht

 

 

Der Platz ist schön, voll der  Harmonie, die man in den Städten der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie (des Habsburger Reiches) findet, vor allem, wenn man  den Blick auf das äußerste Ende der Esplanade richtet, dahin, wo gewöhnlich die Kirche steht. Heute ist es eine rumänische Stadt, aber die Architektur ist weiterhin ungarisch, wie auch der Name erkennen lässt. Die Gebäude sind erst kürzlich restauriert worden und die Fassaden gleichen den hübschen ,bunten Kuchen in den Patisserien. Die ehemaligen Paläste, heute im Besitz von Banken, Versicherungen, ja sogar Fast-Food- Ketten, sind vor dem Verfall gerettet worden, zu dem sie eine Jahrzehnte lange Verwahrlosung und Gleichgültigkeit verdammt hatten. Aber das wahre Juwel diese Platzes schlummert im Hintergrund. Es liegt an einer Straßenecke und seine Fassade ist nicht auf die Esplanade ausgerichtet. Von weitem schon erweckt es unsere größte Bewunderung, wenn sein Dach, ganz und gar mit glänzenden, azurblauen Ziegel gedeckt, im Lichte des Sonnenuntergangs erstrahlt.

 

Der Gegensatz zu den parallel laufenden Straßen ist umso auffallender, wenn man einen Blick hinter die Fassaden wirft. Die Innenhöfe sind in Wirklichkeit das Gegenstück zu der glänzenden Vorderseite. Sie dienten dazu, Gäste zu empfangen und die Auftraggeber und Architekten ließen sich hier nie von einem ästhetischen Interesse leiten. Nackter Backstein und schmutzige, verfallene Mauerreste werden von kleinen Fenstern unterbrochen, wahrscheinlich von denen früherer Domestikenkammern. Die Höfe dienen den heutigen Besitzern als Parkplätze für ihre Luxusautos Typ Mercedes und Audi. Zwischen den Pflastersteinen wächst aufmüpfiges Unkraut. Hier kann man kein Bild machen, ohne eines dieser Fahrzeuge im Blickwinkel zu haben.

 

Wenn der Besucher seinen Weg fortsetzt und sich immer weiter vom Hauptplatz entfernt, dann fällt auf , wie sehr die Fassaden einen Mangel an Pflege verraten.

Noch weiter entfernt stoßen wir auf die großen Villen, die  einst am Stadtrand gebaut  wurden, aber schließlich  von der Stadt eingeholt, jetzt völlig dem Verfall preisgegeben sind. Einige verbleibende Ornamente oder aber die schiere Größe der Einfahrt, die der  Kutsche des Besitzers und den Pferden großzügigen Einlass gestattete, künden vom Reichtum früherer Eigentümer. Heute sind Romafamilien hier eingezogen. Nachdem man sie vom Stadtrand verdrängt hatte, haben sie in diesen Residenzen, die von vergangener Pracht zeugen, Unterkunft gefunden.

 

Von Rainer Hammerich übersetzt